22. November 2024

Landwirtschaft Jerischke

Die Landwirtschaft spielte in der Geschichte des Dorfes eine große Rolle. Sie war die Basis,die Grundlage einer Besiedlung. Aber es mußte auch festgestellt werden, dass in Jerischke die Böden, auf kurzer Entfernung auch sehr unterschiedlich hinsichtlich der landwirtschaftlichen Tauglichkeit, sind. So wurde Wald zu landwirtschaftlicher Fläche umgewandelt. Aber ebenso landwirtschaftlich genutzte Flächen, die nicht geeignet waren, wieder aufgegeben, dem Wildwuchs überlassen oder auch wieder aufgeforstet. Somit war das örtliche Bild einen ständigen Wandel unterzogen. Hier einige Beispiele für Umwandlungen der Flächennutzung:

der Natur überlassen, heute Wald um 1970
  1. Aufgabe der landwirtschaftlichen Flächen Punjesken um 1910
  2. Aufgabe Weinanbau um 1890
  3. Einstellung Landwirtschaft Grundstücke südlich Jerischke am ehemaligen Schweinestall um 1970
  4. Einstellung Landwirtschaft an den Großteichen (Lisse), ehemaligen Wiesen werden aufgeforstet oder der Natur überlassen heute Wald um 1970.

Übersicht der Landwirtschaftsbetriebe

1708:7 Gärtner, 5 Büdner oder 19 (17) Personen von 12 – 60 Jahren
1750:6 Kossäten, 9 Büdner
1810:9 Gärtner, 22 Häusler oder Büdner
1823:5 Großgärtner, 3 5/6 Gärtner, 3 2/3 Gärtner, 2 Halbgärtner, 1 Büdner.

Büdner war in Brandenburg, ein Besitzer eines kleinen ländlichen Anwesens, einer Büdnerei. Dazu gehörte ein eigenes Haus, jedoch nur wenig Land. Das Wort ist von „Bude“ abgeleitet.

Kossät musste als Gegenleistung für die Überlassung eines Hauses und eines Grundstücks für eigene Bewirtschaftung an den Grundherrn nicht nur Zinsen in bar und Naturalien (z.B. Hühner, Getreide) sondern auch “Hand- und Spanndienste” leisten, d.h. bei der Ernte helfen usw. 

Häusler waren Dorfbewohner, die ein kleines Haus und dazu kein oder nur wenig eigenes Land besaßen, sowie nur über wenig oder gar kein Vieh, insbesondere kein Pferd oder einen Arbeitsochsen verfügten.

Gärtner war früher die Bezeichnung für den Kleinbauern

Die fruchtbaren Flächen gehörten weitestgehend dem Gut, das waren die Flächen nördlich des Ortes. Rechts des Glinaweges bis 3 Eichen von Teichhäuser aus gesehen. Auch wurde vom Gut damals schon berücksichtigt zusammenhängende Flächen zu haben.

Weniger wertvolle Böden wurden auch an Büdner übergeben. Im Gegenzug mussten sie Dienstleistungen (z.B. Spanndienste) bei Bedarf und zur Erntezeit erbringen.

Feldarbeit war vor allem Frauenarbeit.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts, mit Beginn der Industrialisierung in anderen Orten suchten vor allem Männer Arbeit in der Industrie.

Bei der Kartoffelernte am Glinaweg 1944

Diese fanden sie in der Kapag in Groß Särchen, in der die Kömag (Köbelner Maschinen Aktiengesellschaft), in den Kohlegruben um Döbern und Triebel, sowie der Glasindustrie Döbern, Friedrichshain und Tschernitz.
Umgangssprachlich wurden diese als Rucksackbauern bezeichnet. Hier ergab sich jedoch die Möglichkeit ein regelmäßiges Einkommen zu erzielen. Die Landwirtschaft wurde jedoch nicht aufgegeben, sondern vor allem durch die Frauen fortgeführt. Futterbeschaffung und andere schwere Arbeit waren trotzdem Aufgabe der Männer.

Neben Forst- und Landwirtschaft wurde auch die Zeidlerei (Imkerei) in Jerischke betrieben. Wie und welcher Form diese ausgeführt wurde ist leider nicht überliefert. Vermutlich wurden hierbei Klotzbeuten verwendet.
Das sind hohle Baumstämme, die für die Bienen zurechtgemacht wurden.
Eine Anzeige im Forster Wochenblatt vom 18.2.1854 gibt aber auch Aufschluss, das in Bienenkörben geimkert wurde.

Bienenkörbe beispielhaft im Bienenmuseum
Bienenauktion

Die Anzahl der angebotenen Bienenvölker läßt entweder auf eine größere Imkerei oder Aufgabe dieser schließen

Die Bodenreform

Mit der Bodenreform 1946 wurden die Gutsflächen neu nach Flurstücke aufgeteilt und diese per Los, vor allem an landlose Bürger des Ortes vergeben.

Hierbei wurden vor allem die 5 „Neusiedler“, Vertriebene die östlich der Neiße im heutigen Polen ihre Heimat und Landwirtschaft verloren hatten, berücksichtigt. Aber auch andere Einwohner von Jerischke konnten zusätzlich Land „siedeln“. Jedoch nicht alle haben davon Gebrauch gemacht, sondern sahen in der umliegenden Industrie ihre Zukunft. Jeder hatte seine Flächen selbst zu bewirtschaften, selbst Korn zu dreschen, das Vieh zu versorgen usw. und hatte ein staatliches Soll zu erfüllen.
Nur wer sein Soll erfüllte, wurde beim Verkauf seiner Produkte durch höhere Preise belohnt.
Durch den Staat wurde auch vorgeschrieben was angebaut werden soll. Hier hatten die Bauern aber auch etwas Spielraum.
Neben klassischen Feldfrüchten wie Kartoffeln, Roggen, Rüben wurde auch Lein und Tabak angebaut.

Korndreschen
Heueinfuhr 1959
Heueinfuhr 1959

Wer sein Soll nicht erfüllte, wurde oftmals öffentlich erwähnt und bekam zum Beispiel keine Schlachterlaubnis. Schwarz schlachten war strafbar. Die Hausschlachtung diente vor allem zur Versorgung der eigenen Familien. Für die Familien war das ein besonderes Ereignis. Auch zwischen den Nachbarn war es üblich, frisch Geschlachtetes auszutauschen. Meistens waren es Wurstbrühe, Grütz- Semmelwurst und Schweinebauch.
Heute bekannt auch unter Schlachteplatte.

Zur Unterstützung der Bauern mit Technik wurde die damalige Maschinen-Ausleih-Station (MAS) Eichwege gegründet.
Später in Maschinen-Traktoren-Station (MTS) umbenannt. Über die MAS konnten die Bauern sich Technik ausleihen.
Trotz dieser technischen Unterstützung konnten viele Bauern, oft ihr Soll nicht erfüllen.
In der regionalen Presse wie der Lausitzer Rundschau gab es oft Erfolgsmeldungen und sollten säumige Bauern motivieren.

Jährlich wurde ein Erntefest, was gleichzeitig Kinderfest war, gefeiert. Dieses begann am frühen Nachmittag mit einer Ansprache, wonach es Kaffee und Kuchen für alle gab.
Mit den Kindern wurden Spiele, Tänze und viele andere Belustigungen durchgeführt. Für die Kinder endete das Fest mit dem Abendbrot und anschließendem Fackelumzug. Danach begann für die Erwachsenen der beliebte Erntetanz in der Gaststätte.

Die LPG

Die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG), nach Vorbild der sowjetischen Kolchose, wurde bereits 1952 in Jerischke versucht umzusetzen. Nicht alle Bauern konnten jedoch sofort überzeugt werden. Es wurden regelrechte staatliche Kampagnen durchgeführt. Versammlungen wurden organisiert, zu denen sogenannte Agitatoren kamen, um Überzeugungsarbeit zu leisten.

Im Oktober 1956 wurde in Jerischke die LPG Typ I „7. Oktober“ gegründet. Insgesamt hatte diese LPG 8 Mitglieder. In der LPG des Typ I wurde die Feldarbeit gemeinschaftlich verrichtet, die Viehwirtschaft machte jeder für sich alleine weiter.
Für die staatlichen Organe war jedoch das Ziel nicht erreicht.
Das Ziel hieß Typ III. Jeder landwirtschaftliche Betrieb musste sein Vieh, Maschinen und Gebäude (Stallungen) in die Genossenschaft einbringen. Die Bauern mussten darüber hinaus Bargeld einbringen (Inventarbeitrag).
1958 erklärte der Rat des Kreises, wenn alle Bauern sich der LPG anschließen, die Gemeinde als erstes vollgenossenschaftliches Dorf im Kreis einen kompletten Rinderstall erhalten würde.
Alle Bauern müssten dann aber zum Typ III übergehen, das heißt, alles, was der Einzelbauer besaß (Vieh+Ackerflächen) werden in die LPG eingebracht. Gemeinsam wird der gesamte Viehbestand versorgt und die landwirtschaftlichen Nutzflächen bearbeitet.
Der Bauer und zum Teil auch andere Mitglieder der Familie wurden Beschäftigte der LPG.
Im Januar 1959 erfolgte die Gründung der LPG Typ III. Gleichzeitig wurde in diesem Jahr die Rinder – und der Schweinestall fertiggestellt, sowie die neue Melkanlage in Betrieb genommen
Jedoch nicht alle sind sofort der LPG Typ III beigetreten.
In den 1960er Jahren wurden auf den Ackerflächen hauptsächlich Kartoffeln, Roggen, Hafer, und Leinen angebaut. Als Technik standen eine Brockenhexe und ein Pionier (Traktoren) ergänzt von LPG-eigenen Pferden zur Verfügung. Diese technische Ausstattung wurde ständig erweitert.
In dieser Zeit wurden selbst Ferkel aufgezogen, die vorher aus Groß oder Klein Bademeusel geholt wurden.
Ebenso wurde Freilandgemüse, wie Bohnen, Möhren, Salat usw. angebaut und verkauft.

1968 wurde die LPG Jerischke in die LPG Eichwege integriert.
Beschäftigte der LPG Jerischke wurden nun von der LPG Eichwege übernommen.
Weiterbetrieben wurde nur der um 1960 neuerbaute Schweinestall bis Ende der 1970er Jahre. Rinder und Hühnerhaltung wurden eingestellt.

Für viele Mitglieder der LPG bedeutete dies eine Erleichterung. Sie brauchten von da an keine Pflichtstunden mehr absolvieren,
sondern konnten anderen Beschäftigungen nachgehen. Mit den Landbesitzern, die Ihr Eigentum in die LPG einbringen mussten und 1973 nicht Genossenschaftsmitglieder wurden, haben vom Kreis Forst Pachtverträge über Ihre Flächen erhalten. Diese Pachtverträge wurden durch den Kreis Forst 1990 gekündigt.
Die Fortführung von Pachtverträgen an landwirtschaftliche Betriebe wurde ab diesem Zeitpunkt den Eigentümern überlassen.
Ebenso wurde die eigene Nutzung der Flächen freigestellt.

Im Frühjahr 1960 wurde die Kollektivierung der Landwirtschaft durch eine Kampagne der SED, zwangsweise abgeschlossen.
Die eingebrachten landwirtschaftlichen Flächen wurden zusammengelegt, trennende Feldwege umgepflügt und Grenzsteine entfernt. Unzählige vor allem teilweise Obstbäume entfernt. Diese Maßnahmen hatten aber auch nachhaltige Auswirkungen auf die Landschaft und Tierwelt. So wurden unter anderen in den 1950er Jahren Rebhühner, sowie viele Feldhasen beobachtet.
Der letzte bepflanzte Weg, der Glinaweg, wurde nach 1990 durch den neuen Pächter rechts und links des Weges umgepflügt.

Durch Auflage der Gemeinde wurde dieser 1993 wieder hergestellt und einseitig mit Laubbäumen 1994 bepflanzt.
49 Bäume wurden durch Ernst Scholz, aus Jerischke Teichhäuser der Gemeinde kostenlos zur Verfügung. Die restlichen Bäume wurden durch die Gemeinde Jerischke beschafft und die Bepflanzung durch die BQS-Döbern ausgeführt. Fachliche Anleitung erfolgte vom ehemaligen Förster Gerhard Seifert.

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