22. November 2024

Ortsgeschichte Zelz 1974

Das Dorf Zelz an der Neiße
Von Erich Schwärzel – Blaufelden
Sorauer Heimatblatt 1974

Dieser Artikel ist ungekürzt und aufbereitet von Wilfried Koinzer
Kopie des Originalartikel

Wenn von den durch die Grenze an der Neiße geteilten Orten gesprochen wird, dann denkt man an den Muskauer Park, denkt an Forst und Guben,vergisst aber meistens, daß im Kreise Sorau auch die Landgemeinden Groß-Särchen und Zelz durch diese, so leidvolle Grenzziehung in zwei Teile geschnitten wurden.

Bei beiden Orten blieb der größere Teil bewohnter Häuser und der Gemarkung jenseits des Flusses, und nur sehnsüchtige Blicke können die einstige Heimat und den darin liegenden Besitz erreichen. So nah — und doch so fern — auch in Zelz! In mehreren Beiträgen, in unterbrochener Reihenfolge, soll versucht werden, Bausteine für eine Ortsgeschichte zu liefern, die Zelz zeigen, wie es war und wie es wurde. Das ist nicht ganz leicht, da in der Standard-Bibliographie von Dr. Lehmann über die Niederlausitz der Ortsname Zelz wenig erwähnt wird.

Das ist bei Zelz ein Problem, da es zur Herrschaft Pförten gehörte

Wie kam es dorthin, da es durch Gebiete der Herrschaft Triebel von Pförten getrennt war? Auch Kemnitz gehörte zu Pförten, während Buchholz und Erlenholz zu Forst gehörten. Alle vier Orte gehörten zum Kirchspiel der Landkirche Triebel.Verhältnisse, die im Nebel der Jahrhunderte ihren Ursprung haben.

In den „Kunstdenkmälern” des Kreises werden als erste Besitzer von Zelz die Herren von Berge 1523 erwähnt. Für Kemnitz erscheint 1580 ähnlich ein Herr von Berge als Eigentümer. Beide Orte waren also im Besitz derer von Berge, die zu dieser Zeit in vielen Orten der Herrschaft Pförten als Besitzer und Vasallen genannt werden.

Der Tradition zufolge, sagt JOCKSCH-POPPE, seien die von Berge mit denen von Biberstein in die Niederlausitz gekommen, wohl am frühesten in Groß-Kölzig ansässig gewesen. Das mag geschichtlich nicht von der Hand zu weisen sein, da um 1390 — also kurze Zeit nach dem Erwerb der Herrschaft Forst die von Biberstein 1385 — ein von Berge als Zeuge in einem Rechtsstreit des Hans von Biberstein gegen Hans von Cottbus in einer Urkunde als Zeuge erscheint. Dabei wird belegt, daß die Zeugen zu den ältesten Aussagen der streitenden Parteien gehört.

So ist zu vermuten, daß während der Zeit des Niederganges derer von Hakeborn auf Groß-Särchen die Nachbarn versuchten ihre Gebiete auszudehnen. Dies wird in den verschiedensten Urkunden aus der Mitte. des 15. Jahrhunderts bei Bibersteineschen Teilungen immer von einigen Triebelern Mannen gesprochen. Vasallen also, die ehemals zu Triebel oder Groß-Särchen gehörten. Über solche aus der Herrschaft Triebel besaßen die von Biberstein seit 1411 die unbedingte Lehnshoheit, während Groß-Särchen mit den Zubehörungen noch unmittelbar daneben unterstand. In dieser Zeit haben sich wahrscheinlich die Herren von Berge den Neißeübergang durch den Erwerb von Zelz und Kemnitz und wahrscheinlich des Dorf Buckoka gesichert. Im Jahre 1454 und 1457 wird das Dorf Leibgedinge der Ehefrau des Nikel von Berge urkundlich erwähnt. Darum ist anscheinend gestritten worden weil der Besitzer der Herrschaft Triebel, Henze von Ragewitz das Dorf für sich in Anspruch nahm. Nach dem Tode der Elisabeth von Berge ist es sicher endgültig zur Herrschaft Triebel gekommen.

Kemnitz und Zelz aber blieben mit großer Wahrscheinlichkeit in der Hand derer von Berge, die sich mit diesen Gütern in diesen wirren Zeiten der Herren von Hakeborn unter die Lehnsherrlichkeit und damit unter den Schutz der Bibersteiner auf Forst-Pförten stellten. Als Groß-Särchen im Besitz derer von Heide war, finden wir in einer Belehnung vom Jahre 1517 als Zubehör nur noch das Dorf Erlenholz. Es darf angenommen werden, daß der dazwischen liegende Besitz von Zelz und Buchholz zwischen 1400 und 1500 in die Hand derer von Berge bzw.unter die Lehnshoheit von Forst-Pförten kam. Dabei scheinen die Forst-Pförtener Bibersteiner denen von Berge besondere Rechte eingeräumt zu haben. Ob dabei das Dorf Buchholz als Bezahlung diente und als Kammerdorf zu Forst kam, bleibt nur Vermutung. Während zu diesen Zeiten Straßen- und Brückenzoll landesherrlich war bzw. vom Landesherrn vergeben werden konnte, machte Zelz eine Ausnahme: Den Zoll für die Benutzung der Brücke über die Neiße erhob der Besitzer des Rittergutes. Aus dem Jahre 1454 überliefert JECHT eine Urkunde, die Belehnung derer von Biberstein mit Zöllen in Forst, Sorau, Muskau, Pförten und Triebel erwähnt. Über Muskau führte die sogenannte „Niedere Straße“, die schon eine Schädigung der Zölle der über Görlitz führenden„Hohen Straße“ war. Als der Muskauer Zoll — der 1283 erstmalig in Urkunden genannt wird — vom Landesherrn dem Grafen zu Dohna verkauft wird, scheint er so hoch geworden zu sein, daß sich der Weg von Spremberg her nach Triebel-Sorau über Groß-Särchen.oder Zelz bzw. über Buchholz lohnte. In Buchholz wurde der Zoll von der Herrschaft Forst-Pförten erhoben, in Groß-Särchen von denen von Hakeborn bzw. später von der Heide und nach 1600 von der Herrschaft Triebel, in Zelz aber bis zum Jahre 1915 vom Gutsherrn.

Dieser sprach 1851 noch von „meiner Brücke“ und verkaufte 1915 nach dem Neubau auch das Holz der alten Brücke, nachdem die neue Brücke am18. Januar 1915 dem Verkehr übergeben worden war. Wir wissen aus dem Jahre 1880, daß durch einen königlichen Erlaß vom 4. Februar ein Brückengeld von 10 Pfg. für jedes Zugtier erhoben wurde. In den Toporaph.-statistishen Handbüchern finden wir von 1820 bis 1867 immer ein abgelegenes Zollhaus aufgeführt, das 1818 von 3 Personen bewohnt war. Indem schon erwähnten Lehnbrief von1517 wurde denen von der Heide neben den obersten und niederen Gerichten auch Zölle, Wasser und Gewässerläufe bestätigt. Anscheinend haben die von Berge beim Erwerb von Zelz die gleichen Rechte erhalten und waren somit Zollherr.

Eine Homannsche Karte vom Jahre 1728 erwähnt die drei Brücken von Buchholz, Zelz und Groß-Särchen und bezeichnet sie als „gefährliche Passage” für das „königliche hohe Landesinteresse”, also für den sächsischen Zoll, da ja die Niederlausitz für Sachsen seit 1657 halbes Ausland war, weil es zu Sachsen-Merseburg gehörte und erst 1738 wieder an die Kurlinie fiel. Als Handelsstraßenzug ist in der Karte nur eine Straße über Zelz eingezeichnet. Sie dürfte zu dieser Zeit bevorzugt benutzt worden sein. Buchholz ist in dieser Karte nicht eingezeichnet, während über Groß-Särchen eine direkte Straße nach Sorau führte. An dieser wurde Zeisdorf als Zollhebelstelle eingerichtet. Die Schreiberischen Karten der Herrschaften des Kreises Sorau und des Priebusser Kreises zeigen nur einen Abzweig von der Niederen Landstraße zwischen Spremberg und Muskau, der südlich der Buchholzer Mühle vorbei nach Triebel führt. In dieser Karte ist recht interessant, daß bei Jerischke eine Kreuzung mit der Straße Bautzen-Forst lag.
Die Straße über Dubraucke-Zelz wurde zur Zeit August des Starken als König von Polen als Poststraße von Dresden nach Warschau für Schnell-Läufer und Staffettenreiter benutzt. Auch August der Starke selbst soll sie benutzt haben.
Die Zelzer Brücke hatte nach BERGHAUS eine Breite von 17 Fuß und eine Länge von 378 Fuß, das waren 5,32 bzw. 124,74 Meter. Sie ruhte auf 11 Jochen. Am 15, Juni 1914 wurde der Bau der neuen Brücke in Angriff genommen und diese am 18, Januar 1915 dem Verkehr übergeben, Sie erhielt den Namen „Techow-Brücke“, weil damit ‚die Verdienste des damaligen Landes-Baurates Techow der Provinz -Brandenburg um das Zustandekommen .des Brücken-Neubaues besondere Anerkennung erfahren sollten.

Handelsstraße

Wenn wir uns noch einmal kurz mit der Benutzung der durch Zelz führenden alten Handelsstraße beschäftigen und sie in Vergleich zu der über Bahren-Buchholz führenden Straße stellen, dann muß besonders die Zollhoheit betrachtet werden, Wer in früheren Zeiten Zoll erhob, mußte Straßen und Brücken instand halten. War der Zollherr für Bahren-Buchholz (der Standesherr der Herrschaft Forst-Pförten) weit vom Schuß, so war der Gutsherr von Zelz auf die Benutzung von Straße und Brücke selbst sehr stark angewiesen. Bei jeder seiner Reisen, und war es nur die Fahrt zur Kirche nach Triebel,wurde ihm der Zustand „seiner“ Straße vor Augen geführt. Wenn im Atlasband zu „Hansische Handelsstraße* von BRUNS/WEZERKA 1962 die als drittrangig gezeichnete Straße von Spremberg nach Triebel nur über Buchholz zu finden ist, so sind dazu einige Zweifel anzumelden. An viel benutzten Straßen dieser Zeit finden wir in dichter Folge sehr alte Handwerksbetriebe, Schmiede und Stellmacher. Von Jerischke über Buchholz nach Triebel war auf 8 km Entfernung nicht eine einzige Möglichkeit für eine Reparatur, während die gleiche Entfernung über Zelz und Kemnitz zwei alte Schmiedewerkstätten hatte. Da diese auch für das Schmiermittel der Wagen, den so überaus wichtigen Teer, sorgten, ist die Anlage der Teeröfen in Jerischke, Zschorno und Groß-Särchen, die noch 1820 erwähnt werden, wohl auf den günstigen Absatz an den Straßen zurückzuführen.
Dabei ist nicht auszuschließen, dass der Gutsherr von Zelz mit seinem Besitz von über 600 Morgen Wald selbst Teerschwelerei und Meilerei betrieb, um auch den Holzkohle Bedarf der Schmiede zu decken. Dabei ist zu erwähnen, daß die Schmiede in Buchholz erst nach 1920 durch Max Berno eingerichtet wurde.
Wenn wir uns auf STANDKE 1934 verlassen, so hat August der Starke auf seinen Reisen von Dresden nach Warschau die Straße von Spremberg über Triebe] und Sorau in den Jahren 1700, 1705, 1717, 1718, 1719, 1730 und 1732 benutzt, wobei er sogar einmal im Schlosse zu Triebel übernachtet haben soll.

So können wir annehmen, daß auch Zelz die „Reisekalvakade“ des Königs gesehen hat, da dieser Weg schon landschaftlich interessanter war als der über Buchholz, zumal an ihm zwei Rittersitze lagen,die lange Zeit in der Hand sächsischer ehemaliger Offiziere waren. Wie schon im Teil I erwähnt, war Zelz im Besitz derer von Berge, Wir begegnen in alten Lehnsbriefen 1579 und 1590 Christoph von Berge, 1613 und 1623 Jakob von Berge. Dieser Jakob von Berge hatte 1623 Feld-Schulden beim Görlitzer Schulmeister Franziskus Hertzenberger. Wir müssen dabei in Erinnerung rufen, daß die Niederlausitz zu dieser Zeit noch nicht sächsisch, sondern als Markgrafentum unter der Krone Böhmens stand.

Jakob von Berge ist um 1625 verstorben und sein Bruder Hans übernahm Zelz. Ein anderer Bruder Caspar von Berge besaß das benachbarte Kemnitz. 1662 wurden die Brüder Caspar Siegismund und Joachim Heinrich von Berge mit Zelz belehnt.Beide scheinen um 1683 gestorben zu sein, ohne männliche Erben zu hinterlassen, denn im genannten Jahre wird Zelz als heimgefallenes Lehngut vom Grafen Ulrich von Promnitz auf Pförten für 3500 Taler an Werner Siegismund von Oppel verkauft.

Nun geht Zelz schneller von Hand zu Hand: 1693 kauft Friedrich Reichwald von Kämpften, der 1705 stirbt. Seine vier Söhne verkaufen 1706 das Gut an die Witwe des Professors Dr. Heber aus Wittenberg, die es 1707 ihren beiden Söhnen Johann Wilhelm und Carl Friedrich überläßt. Der Letztere starb 1722 und Johann Wilhelm 1740 ohne Lehnserben. So übernahm der an erster Stelle stehende Mitbelehnte Johann Gotthelf Quenstädt — ein Onkel der beiden Brüder mütterlicherseits — Zelz und verstarb 1752 ohne Lehnserben.

Das Gut wurde nach Abfindung der Erben dann von der Standesherrschaft als heimgefallenes Lehn 1753 an den Kommissionsrat Franz Rüdiger von Jeschky verkauft, der es schon 1764 an Johann Christian Nätzsch weiter verkaufte. Durch Verkauf von‘ 1780 wurde Christian Budigbesitzer von Zelz, von dem wir nicht wissen, wie lange er es besaß. Sicher ist, daß nach 1820 der Justizkommissionsrat von Drabizius bis etwa 1835 Besitzer von Zelz war. Von ihm erwarb es der kgl. sächsische Major August Friedrich von Kracht für35700 Taler. 1836 war das Gut für 850 Taler jährlich verpachtet, 1862 noch erscheint dessen Sohn, der Lieutenant a.D. Arthur von Kracht als Besitzer.

1863 ist Friedrich Wilhelm Rasenack Rittergutsbesitzer, der schon 1869 in Konrad Winkelmann einen Nachfolger fand. Auch dieser verkaufte Zelz bald wieder nach 1872 an Carl Rudolf Paschke, der das Gut noch 1898 besaß. 1900 erscheint bis mindestens 1904 Hermann von Wißmann auf Zelz, der es dann an den Hauptmanna.D. Carl Wilmans, verkaufte, der1910 Kemnitz übernahm und schon1914 im ersten Weltkriege fiel.

Sein Nachfolger auf Zelz wurde Emanuel Möller in Berlin, der etwa 1917 an Graf Hugo zu Castell-Rüdenhausen verkaufte. Von ihm war das Gut zeitweilig verpachtet, denn 1921 erscheint ein Pächter Visser in Zelz. In diese Zeit fällt der Kahlschlag großer Waldflächen des Gutes. 1926 wurde der Reg. Assessor a.D. Friedrich Carl von Hammacher, Oberleutnant a.D.des 3. Garde-Ulanenregiments, Besitzer von Zelz und war es bis 1945. Der Gutsbetrieb wurde viele Jahre von Inspektor Böge geleitet, der ein guter Landwirt war.
Zum Gute gehörte 1830 noch die„Bleiche“ und stand zur Verpachtung frei. Im Pachtangebot lesen wir:„Durch ein Schöpfrad wird das Wasser von vorzüglicher Güte aus der Neiße auf den ganzen Bleichplan verteilt. Holz zur Feuerung ist nahe. Starke Weberei in Triebel und viele Garnhändler in der Gegend begünstigen den Betrieb der Bleiche“. Aus der beabsichtigten Verpachtung scheint ein Verkauf geworden zu sein, denn 1838 wird das Bleichgrundstück Nr. 31 — diese Hausnummer gab es 1925 nicht mehr, da die Neue Bleiche die Nr. 32 trug — zur Versteigerung gestellt. Die Taxe war mit 819 Talern festgestellt. Käufer wurde wahrscheinlich der Bleicher Otto, der uns 1846 in Groß-Särchen als Käufer von Grundstücken für seine Söhne begegnet. Noch nach 1880 erscheint der Bleichereibesitzer Otto in Kreisblatt-Bekanntmachungen. Sein Nachfolger auf der Neuen Bleiche Nr. 32 wurde Eduard Noack, dessen Sohn Otto einen sehr bekannten Wildhandel betrieb.Das Gut bemühte sich auch um verschiedene Nebennutzungen. So wurden 1850 unter von Kracht Arbeiter zum Torfstechen gesucht. Schon 1870 war eine Stärkefabrik in Betrieb. In den Jahren nach 1905 wurden Korb-Weidenkulturen angelegt,

Der Viehbestand des Gutes umfaßte 1871: 8 Pferde, 21 Stück Rindvieh, davon 18 Kühe, 16 Schweine und 253 Schafe. Der Bestand an Schafen betrug 1883 noch 230 Stück, dagegen war 1892 die Schäferei ganz aufgelöst worden. 1929 waren auf dem Gute 17 Pferde, 38 Stück Rindvieh, davon 21Kühe und 20 Schweine in den Ställen. Zur Ackerwirtschaft war ein Lanz-Bulldog vorhanden, was auf den Gütern des Kreises in der damaligen Zeit noch recht selten war. Zu dieser Zeit umfaßte das Gutsareal 320 ha. Davon waren 75 ha Acker, 15 ha Wiese, 10 ha Weide und 160 ha Wald. Als Unland waren 60 ha bezeichnet, wovon anscheinend 39 ha Wasserfläche waren, die noch 1914 verzeichnet wurden. Es dürfte sich dabei um die Grundfläche der Neiße handeln. Abschließend zu diesem Teil der Geschichte von Zelz muß gesagt werden, daß erst im Jahre 1819 für die Niederlausitz die Befreiung des bäuerlichen Besitzes von Erbuntertänigkeit und Verpflichtungen dem Gute gegenüber begann. 1821 wurde dann verordnet, in welchen Formen dies zu geschehen hat und erst 1834 begann das Verfahren von Ablösung und Separation in Zelz. So war es möglich, daß noch 1818 ein Justiz-Kommissarius vom Oberlandesgericht in Frankfurt/Oder gerügt und mit Cassatation bedroht wurde, weil er für Gemeinden Schreiben wegen Aufhebung der Hofdienste verfasst hatte!

Die Mühle

Wann die Mühle und das den Mühlengraben mit Wasser versorgende alte Reisigwehr mit einer Länge von rund 30 m erbaut und angelegt wurde, liegt im Dunkel der Vergangenheit. Die Mühlengerechtigkeit wurde als Regal den Ritter- oder Vasallengütern verliehen und so ist zu vermuten, daß die Mühle spätestens unter den Herren von Berge um 1500 angelegt worden ist. In Pförtener Lehnsakten wird sie 1777 erwähnt und dürfte damals noch im Besitz des Gutsherrn gewesen sein, der Pächter darauf setzte, die Müllermeister sein mußten.

So begegnet uns in den Jahren 1786,1791 und 1797 der Meister auf der Neißemühle zu Zelz Johann Gottfried Thomas in Sorauer Innungsakten. Er hatte auf der Mühle zu
Gr. Särchen unter Meister Christian Gottlieb Neumann am 7. Mai 1775 das Meisterrecht erworben. Am gleichen Tage nimmt er Gottfried Schade in die Lehre, der am 10. Juni 1778 ausgelernt hatte und von der Innung freigesprochen wird. An diesem Tage wird der Sohn Johann Gottlob Thomas als Lehrling aufgenommen und am 22.Mai 1782 freigesprochen. Nun nimmt Meister Thomas seinen Sohn Johann Gottfried in die Lehre, dessen Lehrzeit am 2. Juni 1786 beginnt. In dieser Zeit müßte Thomas schon auf der Mühle zu Zelz gewesen sein, da in Gr. Särchen 1785 Meister Christoph Frantz seinen Sohn Georg Frantz in die Lehre nimmt. Am 7. Juni 1786 erfolgt eine strittige Verhandlung vor der Innung in Sorau, da dem Meister Thomas vom Meister Frantz zu Gr.Särchen vorgeworfen wird, er hätte„Mahlwerk“ aus der Mühle in Gr.Särchen geholt und nach Zelz gebracht. Thomas wurde eine Strafe von 12 Groschen von der Innung auferlegt.

Wie lange die Mühle in der Hand der Familie Thomas war, ist nicht zu ermitteln. 1836 wurde die Buchholzer Mühle vom Grafen v. Brühl verkauft und das Sorauer Amt verkaufte um die gleiche Zeit die Mühle in Gr.Särchen. So ist als wahrscheinlich an-zunehmen, daß auch die Mühle Zelz aus dem Besitz des Gutes durch Verkauf um etwa 1830 in die Hand des Erbmüllers Johann Gottlieb Hennig gelangte, 1850 hatte die Mühle zwei Mahlgänge und eine Schneidemühle,1865 beabsichtigte der Mühlenbesitzer Gottlieb Hennig auf seinem, zwischen der Frei-Neiße und dem Mühlstrome gelegenen Inselgrundstücke eine Anlage zu einer, durch die Wasserkraft des Mühlstromes getriebene Wollspinnereı zu errichten, So berichtet uns die Kreisblatt-Bekanntmachung vom 24. Januar 1865

In Forst erbaute ein Tuchmachermeister Hennig 1843 die erste, mit Dampf angetriebene Tuchfabrik, Es ist unbekannt, ob hier eine Verwandtschaft bestand. Sie wäre durch den Zuliefererbetrieb der Wollspinnerei leicht möglich, zumal zu dieser Zeit in den drei Dörfern Zelz, Kemnitz und Jerischke allein etwa1000 Schafe gehalten wurden,

Mühle und Fabrik übernahm in den 1870er Jahren der Sohn Ernst Louis Hennig, der an zwei Kriegen teilgenommen hatte. So war er am Sturm auf Düppel beteiligt und nahm an der Belagerung der Festung Metz teil, An der Tradition alter Müllerfamilien hielt er fest und heiratete die Müllesstochter Alwine Eichler aus der Buchholzer Mühle im Jahre 1875.
Mitte der 1880er Jahre wurde der Spinnereibetrieb verpachtet und wird in den 1887 Spinnereipächter Lehınann und 1897 den Pächter Jähnert,

Ernst Louis Hennig beschränkte sich auf den Mühlenbetrieb und die dazu gehörige Landwirtschaft in der Größe einer Gärtnernahrung. Einen Sohn als Nachfolger hatte er nicht. Seine Enkel sind Hans-Georg und Siegfried Schönian aus Triebel, deren Kindheits- und Jugenderlebnisse stark von Zelz beeinflußt wurden,

Dann kamen die Tage vom 31. Juli bis 2. August 1897 mit dem gewaltigen Hochwasser der Neiße.
Die Fluten zerstörten im Kreisgebiet alle sieben Neißebrücken, zogen die Mühlen in stärkste Mitleidenschaft und richteten im Neißegebiet des Kreises So-au einen Schaden von 1 276 900 Mark an. In Zelz waren die Bewohner der Mühle und Spinnerei von den Fluten eingeschlossen. Furchtbare Stunden der Not und Angst für Witwe und Töchter des schon vorher verstorbenen Mühlenbesitzers Hennig, wie auch für das ganze Dorf.

Die Triebeler Feuerwehr versuchte mit einem Kahn an die Mühle heranzukommen, was nicht möglich war. Erst am 1. August gelang es einem Triebeler Bürger, der einen Kahn fachgerecht führen konnte, die eingeschlossenen Familien zu retten. Ein braver Mann, dem die Rettungsmedaille wohl zugestanden hätte Die Ordensflut anläßlich der Katastrophe ging aber an ihm vorüber. Der Gendarm Burgfeld erhielt das Allgem. Ehrenzeichen, der Landrat und der Forster Bürgermeister den Roten Adlerorden, Vom Retter von Menschenleben aus höchster Not unter Einsatz seines Lebens weiß man heute nicht einmal den Namen! Durch die Hochwasserschäden kamen auf die Familie Hennig so große Belastungen zu, daß sie das Angebot des Lausitzer Elektrizitäts-Werkes annahm und die Mühlengrundstücke verkaufte. So zog die Elektrizität schon um 1900 in Zelz ein und gab dem Gesicht des Dorfes neue Züge. Die alte Mühle, die Mehl und damit Brot gab, soll nicht vergessen sein.

Die Schule

Bis etwa 1905 gehörte Zelz zur Schule in Kemnitz. Die Kinder hatten also einen weiten Weg bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit zurückzulegen. Kein Wunder, daß der Ruf nach einer eigenen Schule immer lauter wurde. Mit den Gemeinden Buchholz und Bahren wurde ein Gesamtschulverband gebildet und nach 1905 endlich das eigene Schulhaus mit Lehrerwohnung gebaut. Aus dem Kreisblatt wissen wir, daß 1909 schon eine Lehrerstelle in Zelz vorhanden war —kennen aber den Lehrer nicht. 1912 war die Stelle zu besetzen und 1918 war der Lehrer Julius Neumann in Zelz. Er ging 1920 nach Tzschecheln und Gustav Kairis kam von Triebel nach Zelz. 1926 kam Adolf Hein als Lehrer nach Zelz und blieb bis 1945. Er starb am 26. Januar 1954 in Ohlenrode, Kreis Alsfeld/Leine, erst 58 Jahre alt. Nach 1945 war er als Lehrer in Sachsen-Anhalt tätig gewesen und wurde 1947 in den Schuldienst von Niedersachsen übernommen.

Aus der Gemeinde.

Wir wissen durch JOCKSCH-POPPE, daß Zelz 1708 neun Gärtner und ein Büdner hatte, die eine Mannschaft von 21 Personen zwischen 12 und 60 Jahren stellte.

1750 war eine Stelle wüste geworden und 1777 hatte das Dorf acht Gärtner und zwei Häusler, sowie die wüste Nahrung Außerdem war eine Schänke, eine Mühle, eine Schmiede, eine Schäferel und ein unbewohnten Weinberghaus vorhanden. 1700 wurden im Dorfe 113 Seelen gezählt, die 1820 auf 182 angewachsen waren, In diesem Jahre wurde das Dorf mit Gut, die Kolonie,die Mühle, die Schäferei, das Zollhaus, die Bleiche und der „Schneekönig“ aufgeführt.

1844 waren 235 Einwohner vorhanden. Hier wurde die Bezeichnung „Schneekönig“ mit der Schänke identifiziert. 1067 wurden 37 Wohnhäuser und 225 Einwohner gezählt,

Die Gemeinde ohne Gut hatte 1885 eine Gesamtfläche von 219 ha, wovon 87 ha Acker, 18 ha Wiese und 97 ha Holzung waren.

43 Wohnhäuser mit 216 Einwohnern wurden gezählt, während das Gut sechs Wohnhäuser und 28 Einwohner hatte.

1925 hatte Gut und Gemeinde eine Gesamtfläche von 540 ha, 45 Wohnhäuser, 65 Haushalte und 251 Einwohner.

Davon waren 243 evangelisch und drei katholisch, die zu den Kirchen in Triebel und Muskau gehörten.

1933 wurden 248, dagegen 1939 nur noch226 Einwohner gezählt.

Für die Entwicklung der bäuerlichen Landwirtschaft in einem Dorfe ist der Viehbestand ein guter Maßstab. 1873 hatte die Gemeinde ohne Gutsbezirk acht Pferde, 108 Rinder, davon 55 Kühe, 24 Schweine, 15 Ziegen und 18 Bienenvölker. Im Jahre 1913 waren es 12 Pferde, 110 Stück Rindvieh, davon 66 Kühe, 119 Schweine, 26 Ziegen und 15 Bienenvölker, wovon 14auf beweglichen Waben waren.

Im Jahre 1051 wurde der Gerichtsschulze Robel genannt 1007 war es Winkler, der uns noch 1872 als Dorfrichter begegnet, Noch im gleichen Jahre wurde Tzschentke Dorfrichter und Jeschke Gerichtsmann. 1880 ist August Kulisch Gemeindevorsteher und wird 1900 von seinem Sohn Gustav Kulisch abgelöst, der 1915 sein Amt aus Altersgründen niedergelegt! Am 17. Februar 1916 wurde Ewald Lehmann als Gemeindevorsteher gewählt, Ihn löste durch Berufung der Schneidermeister Ferdinand Winkler ab, der die Gemeinde bis 1945 leitete.
Der „Schneekönig”, die Schänke, besaß 1865 Karl Feiertag, dem Wilhelm Konradi als Gastwirt folgte. Etwa1925 wurde Emil Otto Besitzer der Gastwirtschaft, der sie in den dreißiger Jahren an Fritz Kock verkaufte.
Als Schmiedemeister in Zelz werden genannt: 1808 Gustav Schulz, 1915 August Simon und 1925 Arthur Rolck.

Die Stellmacherei besaßen Wilhelm Höhnel und dann dessen Schwiegersohn Heinrich Werner.

Nach 1900 wurde durch Ferdinand Brunzlow ein Lebensmittelgeschäft errichtet und dann von seinem Sohn Max Brunzlow übernommen.

Eine Tischlerei betrieb Oswald Riedel.

Dieser Streifzug durch die Vergangenheit kann keine vollständige Ortsgeschichte sein. Sie soll aber ehemaligen Zelzer Einwohnern Bausteine für eine solche geben und soll vor allen Dingen Anreiz zur Vervollständigung und etwa notwendigen Berichtigung sein

Bezeichnung/ Jahre 1708 1718 1777 1810 1823
Gärtner 9     11  
Büdner 1     12 2
Kossäten   8 8    
Häusler     2 12  
wüste Gärtnernahrung          
Ganzkossäten          
Halbgärtner          

Die Entwicklung der bäuerlichen Landwirtschaft kann man auch am Viehbestand im Dorf erkennen.

  1873 1913
Pferde 8 12
Rinder 108 110
Kühe 55 66
Schweine 224 119
Ziegen 15 26
Bienenvölker 18 15
Zelz-Erich-Schwärzel-Nlaufelden-Sorauer-Heimatblatt-1974-1

 

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